Kreativität zur Problemlösung oder zum Selbstzweck?
Kreativität existiert in zwei Formen. Die ästhetische und die problemlösende Kreativität. Die erste Form dient einem Selbstzweck und wird von Künstlern jeder Fachrichtung gepflegt. Die problemlösende Kreativität jedoch ist Mittel zum Zweck. Sie ist die Quelle von Lösungen, welche dem gesellschaftlichen Fortschritt dienen. Sie entsteht durch intensive Analyse der Fragestellung und ist nicht nur wenigen Auserwählten vorenthalten.
Kreativität heisst das Zauberwort der Zeit. Ihre Wirkung als Schlüssel zum Fortschritt hat sie in der Geschichte der Menschheit zigfach beweisen. Doch um ihre Kraft entfalten zu können, braucht es Verständnis über die Art und Weise, wie sie funktioniert, zudem den nötigen Spielraum und motivierte Menschen jenseits von Alltagsdruck und Selbstbeschränkung. Stimmt das Klima für die Kreativität, kann sie jedem Unternehmen den Weg in eine vielversprechende Zukunft weisen.
Wer Kreativität bei Google eingibt, erhält innerhalb 0.52 Sekunden Zugriff auf über 32 Millionen Einträge. Kreativität hat Hochkonjunktur. Gleichzeitig oder gerade deshalb gibt es wohl nur wenig andere Begriffe, die so vielfältig interpretiert werden wie das Wort Kreativität. In Stellenausschreibungen werden kreative Arbeitsumfelder angepriesen oder ebensolche Persönlichkeiten angesprochen und Jugendliche suchen Berufsfelder, welchen das Etikett kreativ anhaftet. Zurzeit wird das kreative Potenzial von Krisen – so man bereit ist, es zu erkennen – in unzähligen Blogs, Kolumnen und Webinaren ausführlich thematisiert.
Der Schlüssel zur Lösung
«Kreativität wird dadurch definiert, dass neue und effektive Wege gefunden werden, etwas zu tun.» So kurz, knapp und verständlich definieren es die Psychologen Seligman und Peterson in ihren Values in Action Classification of Strength. Wer es etwas ausführlich wünscht, dem liefert die Definition des Kreativitätsforschers Günter Krampen einen Anhaltspunkt: «Bezogen auf kreatives Denken und Handeln im Alltag wird Kreativität als divergente Fähigkeit definiert; also als Fähigkeit mit offenen Problemstellungen, für die es nicht nur eine (konvergente) optimale Lösung gibt, flexibel und ideenreich umzugehen, solche Problemstellung zu erkennen, sie anzunehmen und zu mehreren, gegebenenfalls zu zahlreichen, Lösungsansätzen zu kommen.»
Selbstzweck oder Mittel zum Zweck
Die deutsche Kreativitätsforscherin Ingeborg Nütten unterscheidet zwei unterschiedliche Arten der Kreativität. Die ästhetische Kreativität, die von bildenden, scheibenden oder darstellenden Künstlern jeglicher Art gepflegt wird, dient einem Selbstzweck. Sie dient dazu, etwas zu schaffen, was in dieser Form vorher nicht existiert hatte und entweder anregt oder überrascht. Die problemlösende Kreativität hingegen ist Mittel zum Zweck und strebt den gesellschaftlichen Fortschritt an. Sie umfasst nicht nur die Ideenfindung, sondern beginnt bei der genauen Analyse der Aufgabenstellungen und schliesst die Entwicklung der Umsetzung mit ein. Das Resultat der problemlösenden Kreativität entspricht der hochgelobten und stets angestrebten Innovation.
Die problemlösende Kreativität ist Mittel zum Zweck und strebt gesellschaftlichen Fortschritt an.
Im Doppelpack noch stärker
Kreativität in Unternehmen entfaltet ihre Wirkung vor allem dort, wo es um eine neue Bestimmung, neue Konzepte oder Geschäftsmodelle, neue Vertriebswege, Produkte oder Dienstleistungen geht. Idealerweise treffen beide Arten von Kreativität aufeinander. Denn neben der reinen Innovation, die ein Unternehmen dringend benötigt, um sein Überleben mittel- und langfristig zu sichern, leistet die ästhetische Kreativität einen erheblichen Beitrag zum Erfolg. McKinsey belegt in einer umfangreichen Studie* eindrücklich, wie Unternehmen mit hohem Designanspruch weniger Design-affine in Sachen Wachstum überflügeln. Doch bestehende Produkte oder Dienstleistungen einfach in eine attraktivere Hülle zu verpacken oder mit einem neuen Leistungsversprechen anzupreisen, reichen nicht aus. Für den Fortbestand eines Unternehmens ist dementsprechend die problemlösende Kreativität Pflicht, ihre ästhetische Schwester verschafft ihr zusätzlichen Schwung.
Das Problem ist die halbe Lösung
Kreativitätstechniken gibt es viele. Sie sind hilfreiche Werkzeuge, der Falle der Routine zu entkommen und das naturgemäss bequeme menschliche Gehirn an Abkürzungen zu hindern. Die problemlösende Kreativität besteht aber zwingend aus zwei Denkweisen, dem konvergenten und dem divergenten Denken. Dieses gegensätzliche Paar wird zweimal aufeinander durchlaufen. In der ersten Phase wird das formulierte Problem hinterfragt. Die divergente Denkweise öffnet die Perspektive auf die Fragestellung, stellt sie in andere Kontexte und ergründet mögliche andere Ursachen. Die Konvergenz hilft anschliessend, das wirkliche Problem klar zu definieren. Darauf folgt die Phase der Ideenfindung. Sie beginnt divergent, also in die Breite und nutzt im Anschluss konvergentes Denken bei der Bewertung und der Ausformulierung der Ideen. Dieser Prozess ist ebenfalls bekannt als Double Diamond und wird unter anderem von Yellow eingesetzt.
Kreativität kann schaden
Kreativität wird dann kontraproduktiv, wenn sie nicht mehr zweckgebunden ist. Wenn sie beginnt, Variationen einer und derselben Idee zu produzieren, oder sie zur sogenannten «L'art pour l'art» verkommt. Ebenfalls hinderlich ist die Kreativität, wenn in einer konvergenten Phase wieder divergent gedacht wird. Kreativität um ihrer selbst willen schafft keinen Nutzen, sondern verlängert im Endeffekt nur den Prozess.
Kreativität ist angeboren und gehört zur Grundausstattung jedes Menschen.
Kreativität ist kein Privileg einzelner
Grundsätzlich ist Kreativität angeboren. Sie gehört zur Grundausstattung jedes Menschen. Sie zeigt sich in seiner Neugier, Neues zu entdecken und an seiner Offenheit, Neuem und Fremdem gegenüber aufgeschlossen zu sein. Leider lassen Schule, Erziehung und andere Faktoren die natürliche Kreativität im Lauf der Jahre verkümmern. Kreativitätsfördernde Rahmenbedingungen und gekonnte Führung können schlummerndes Potenzial jedoch wieder wachrütteln.
Der Rahmen machts
Der Heureka-Moment ist in der Tat ein Geistesblitz, eine Erleuchtung oder berühmte der Kuss der Muse. Doch Kreativität braucht Raum, Zeit und Unabhängigkeit. Obwohl häufig behauptet wird, unter Druck sei er oder sie besonders kreativ, benötigt der Prozess der problemlösenden Kreativität genügend Zeit. Nur wenn die Analyse der Fragestellung mit unterschiedlichen Erfahrungen, Erlebnissen und Erkenntnissen abgeglichen und in verschiedene Zusammenhänge gestellt werden kann, sind die Chancen auf eine echte Innovation intakt.
Kreativität im Alltag
Das Zukunftsinstitut in Deutschland plädiert zurzeit für «Free Creativity!». Sie appelliert darin an Unternehmen, sich unter dem Eindruck der Krise zu überlegen, wo welche Chancen entstehen. Wo Abhängigkeiten die eigene Handlungsfähigkeit einschränken und wo bestehende Strukturen Veränderungen behindern. Das ideale Werkzeug dazu ist die problemlösende Kreativität. Mit genügend Raum und motivierten Köpfen versehen, lassen sich bedeutsame Erkenntnisse gewinnen, die den Weg in eine chancenreiche und unabhängigere Zukunft weisen können.
In Yellow finden Sie nicht nur den Sparring Partner für diesen Prozess, sondern erhalten gleichzeitig bedeutende Erkenntnisse aus der Aussenperspektive.
Sie wollen noch mehr lernen?